10te Original äthiopische Kaffeezeremonie – Eindrücke von Romina Trexler (Praktikantin im Zeltnerschloss)
Als ich hörte, dass im Kulturladen eine „Äthiopische Kaffeezeremonie“ stattfinden sollte, konnte ich mir darunter erst einmal nicht besonders viel vorstellen. Das einzige, was ich daraus filtern konnte, war Äthiopien, Kaffee und Zeremonie und mehr auch nicht, also ging ich erstmal ohne jegliche Vorstellungen und Vermutungen da ran.
Als ich das Cafe betrat, in dem die Zeremonie stattfinden sollte, wurde ich herzlich begrüßt – mein Job wäre gewesen, den Vortragenden alles bereit zu stellen, was sie benötigten, aber das hatte sich ziemlich schnell von selbst erledigt, denn sie wussten bereits sehr genau, was und wo etwas zu finden war. Also setzte ich mich an den Rand des Geschehens und dokumentierte – mit Stift und einem Blatt Papier, jederzeit aber aufspringbereit, falls sie etwas brauchen konnten.
Es kamen mehr Menschen, als ich gedacht hatte, aus verschiedenen Altersgruppen und alle offensichtlich wahnsinnig an dem interessiert, was die Vortragenden, Marcel und Nicky, zu erzählen hatten. Sie begannen damit, von Äthiopien zu berichten – dem Land, aus dem der Kaffee entsprang, und wenn ich ehrlich bin, hatte ich mich vorher nie besonders viel damit auseinandergesetzt.
Ich betrachtete ihre Ausstattung. Kunstvoll bemalte Krüge aus Ton, kleine Kaffeetässchen, gerade so groß, dass man sie für ein Schnapsglas halten konnte. Ein paar bunte Decken und eine Art kleiner Grill, über dem sie die Kaffeebohnen rösteten. Bevor die Kaffeebohnen gemahlen werden konnten, mussten sie erst einmal geröstet werden. Ich fand, dass es ziemlich gut roch, nicht unbedingt verbrannt, aber irgendwie…heimelig, so, wie wenn man an einem kalten Wintertag nach Hause kommt und dort wartet auf einen das Kaminfeuer und der Tee und die Kekse. Sie ging mit dem frisch gerösteten Kaffee durch die Reihen und ließ jeden daran riechen; es roch unfassbar gut. Danach wurden Kaffeemühlen herumgereicht. Tatsächlich wollte jeder irgendwie ein bisschen mithelfen, die Bohnen zu zerstampfen, und so sparten sich die Vortragenden immerhin ein wenig Arbeit.
Nicky erzählte, man würde die Gäste der Kaffeezeremonie mit Weihrauch beräuchern, um den Teufel aus den Reihen zu vertreiben – spätestens dann kam mir das ganze ziemlich magisch vor. Es hatte tatsächlich etwas von einer Art Ritual, wie sie mit dem kleinen Tongefäß durch die Reihen schlenderte und den Weihrauch verteilte, angeblich hatte er sogar eine berauschende Wirkung. Die gemahlenen Kaffeebohnen wurden dann aufgegossen – ich erfuhr, dass aus jeder Kanne Kaffee ungefähr drei Sude entstehen, bei denen der erste der Stärkste und der letzte der Schwächste ist. Gemischt mit dem Duft des Weihrauchs ergab es dann irgendwie eine spezielle Note, an die ich mich zwar erinnern kann, die ich jedoch sicher nicht beschreiben könnte.
Zu dem ersten Sud Kaffee wurde eine Art Brot aus Hefe gereicht, und Popcorn (in Äthiopien wird dieses häufig aus Hirse statt aus Mais gemacht). Beides fand ich sehr ungewohnt, aber lecker; vor allem das Popcorn kannte ich so noch nicht, es war weder gesalzen noch gezuckert, es schmeckte einfach nur natürlich. Während dem Kaffeetrinken erzählten Marcel und Nicky viel über Äthiopien; dass der Wille zur Bildung zwar da war, jedoch leider nicht die notwendigen Mittel. Dass die zwei einen Verein gegründet haben, um Kindern Wasser und Bildung zu ermöglichen, imponierte mir ziemlich. Es schien zwar ein hartes Stück Arbeit zu sein, aber sie waren mit solch einem Willen und Elan bei der Sache, dass man unmöglich daran zweifeln konnte, dass sie ihr Ziel erreichten.
Sie erzählten davon, dass es im Süden mehr Wasser gäbe als im Norden; ich hatte eigentlich immer gedacht, es wäre anders herum, denn im Süden ist es wärmer, und als Nicky sagte, im Norden gäbe es nur Steppe, eine karge Einöde, war ich ziemlich überrascht. Sie sagte, obwohl der Kaffee teuer ist und die meisten Einheimischen ihn sich eigentlich nicht leisten können, gönnen sie ihn sich doch. Das ist vielleicht der einzige Luxus, den sie sich erlauben können. Natürlich wird die Kaffeezeremonie dann auch sehr wertgeschätzt. Es ist nicht wie hier in Deutschland: einfach Kaffeepulver in die Tasse und heißes Wasser drüber.
Nein, in Äthiopien hat die Kaffeezeremonie eine Bedeutung; wenn Gäste, oder die Familie, anwesend sind, wird generell immer Kaffee getrunken, das Hefebrot und das Hirse-Popcorn als Beilage serviert und ich erfuhr, dass das Brot immer nur vom Ältesten der Gruppe gebrochen werden darf. Es ist wohl so eine Sache der Ehre und des Respekts.
Den zweiten Aufguss des Kaffees empfand ich schon etwas schwächer. Auch wenn der erste Sud tatsächlich lecker geschmeckt hat – ich bin eigentlich kein Kaffeeliebhaber – so gefiel mir der zweite etwas besser, weil er nicht so stark war. Obwohl ich Kaffee immer etwas bitter vom Geschmack her gefunden hatte, so war diesmal davon keine Spur. Er schmeckte eher aromatisch, nicht so wie der Kaffee, den ich sonst trinke. Ich war also jedes Mal ziemlich überrascht, sobald ich von dem kleinen Tässchen nippte, weil ich diese grobe, nasekrausziehende, bittere Note erwartete. Aber ich fand, dass er tatsächlich ziemlich gut schmeckte.
Die Leute fragten viel und das fand ich sehr schön, denn anscheinend bestand wirkliches Interesse an dem Projekt und auch an der Kaffeezeremonie selbst; wir unterhielten uns über die Sprache, über die Religionen, und auch als ich erfuhr, dass in Äthiopien die Anhänger verschiedener Glaubensrichtungen friedlich zusammenleben, war ich erstaunt. Ich kenne es nur so, dass die Religionen sich bekriegen und hassen, und dass es ein Land gibt, in dem jeder seinem eigenen Weg folgt, stimmte mich selbst auch irgendwie friedlicher. Es ist ein schöner Gedanke, immer noch.
Ich schaute mir auch Bilder von dem Projekt in Äthiopien an und war teilweise schockiert aufgrund der ärmlichen Verhältnisse, in denen die Äthiopier leben müssen; ich konnte mir das gar nicht so richtig vorstellen, denn ich bin es gewohnt, ein Dach über dem Kopf zu haben, genug Nahrung und Wasser und eine schulische Ausbildung. Trotzdem schienen die Menschen auf den Bildern nicht todunglücklich zu sein. Die Schulhäuser, Straßencafés und Wohnungen wirkten auf mich eher wie Bruchbuden – aber wahrscheinlich kann ich das gar nicht mit dem Standard vergleichen, den wir hier in Deutschland haben. Es ist in Äthiopien nun einmal anders und die Menschen sind zufrieden mit dem, was sie haben, denn sie kennen es nur so. Eine Einstellung, die die westliche Welt vielleicht von ihnen übernehmen sollte.
Nach der Zeremonie hatte ich so viel von Äthiopien erfahren, dass ich erst einmal darüber schockiert war, mich bisher so wenig mit diesem Land auseinander gesetzt zu haben. Ich hatte – ehrlich gesagt – sehr wenig darüber gewusst, auch mit den Traditionen und der Kultur hatte ich mich nicht besonders gut ausgekannt, obwohl mich eigentlich alles interessiert, solange es nicht mit Deutschland zu tun hat, denn das kenne ich bereits zur Genüge.
Die Atmosphäre war einfach gut. Es war entspannt und ich war neugierig, und dass der Kaffee so lecker war, und einen dabei gar nicht unruhig oder nervös machte (ich fühle mich nach Kaffee sonst wie ein hyperaktives Kaninchen), überrascht mich immer wieder.
Ich würde also jederzeit wieder an einer „Äthiopischen Kaffeezeremonie“ teilnehmen – einfach, weil es ein wunderschönes Gefühl ist zu wissen, dass genau dieses „Ritual“ die Menschen in Äthiopien, so unterschiedlich sie auch sein mögen, irgendwie zusammenschweißt, und auch, weil ich mir ziemlich sicher bin, noch lange nicht all das zu wissen, was ich gerne über diese Kultur wissen möchte.
Kleine Ergänzung von uns, dem Hawelti e.V.:
Wir danken Roxina dafür, dass sie uns ihre Gedanken zu dieser Zeremonie geschenkt aber auch ihre Freizeit geopfert hat, damit wir diese Zeremonie im Zeltnerschloss durchführen konnten. Wir danken aber auch der Stadt Nürnberg, dass wir an den Stadt(ver)Führungen teilnehmen durften und natürlich gilt unser besonderer Dank unseren sehr interessierten Gästen, die es auch für uns zu einer sehr schönen Zeremonie haben werden lassen.